
Auch im Hinblick auf die beachtliche italienische Weinproduktion sind die Weinkeller in den Langhe für Italien ein absolutes Unikum. Denn es ist wirklich so, in Piemont ist jeder Weinberg gleichbedeutend mit einem typischen Wein und jeder Bauernhof ein Weinkeller. Eine Erbschaft aus dem Mittelalter ist die starke Zerstückelung des Landbesitzes. In Piemont gab es kaum Großgrundbesitz. Bis hin zu Karl Albert und Cavour hat sich der Adel kaum für die Landwirtschaft interessiert. Landbesitz war eine Einnahmequelle, der falls nötig veräußert werden konnte (d.h. häufig), um eine prestigereichere Karriere wie zum Beispiel in der Armee oder Diplomatie einzuschlagen. Folglich konnte man in Piemont früher und stärker als im restlichen Italien eine Fragmentierung des Landbesitzes beobachten, die durch die napoleonischen Gesetze (mit denen das Erstgeburtsrecht abgeschafft wurde) in den letzten beiden Jahrhunderten noch verstärkt wurde. Folglich in Piemont und nur hier produziert ein klassisches landwirtschaftliches Unternehmen (d.h. 90%) selten über 50.000 Flaschen, während ein mittelgroßes Unternehmen auf 200-300.000 Flaschen und ein wirklich großes (deren Anzahl man an zwei Händen zählen kann) bis auf eine Million Flaschen kommt! Das sind verglichen mit den durchschnittlichen Zahlen italienscher Produzenten, geschweige den weltweit agierenden, bescheidene Zahlen. Dazu kommt, dass der piemontesische Winzer hauptsächlich autochthone Reben vinifiziert. Seine Reife erhält er nur nach traditionellen Verfahren (die berühmten Eichenfässer aus Slawonien) und auch wenn sich der Winzer für französisches Holz entscheidet (tonneaux und barriques), so ist es doch das terroir, das dem Wein seine ganz besondere Note gibt, das Markenzeichen der piemontesischen Weinberge. Das Ergebnis dieser Situation ist ein auf die Spitze getriebener bäuerlicher Stolz, der den Wettbewerb zwischen diesen Kleinunternehmen antreibt und am Ende eine Qualität ergibt, die sich schon an den wie gekämmt wirkenden Weinbergen erkennen lässt. Der Besuch eines Winzerbetriebs auf diesen Hügeln ist wie eine Reise zurück in die Vergangenheit. Jeder der Vorfahren hat Spuren hinterlassen und die Bekanntschaft der Familie, der persönliche Empfang lässt Sie zu einem Mitglied der Familie und damit Teil ihrer Geschichte werden. Eine Geschichte der Mühen und des Mangels, die nach so vielen Jahrhunderten des Hungers und der Opfer endlich ihre verdienten Früchte trägt. Die Weine aus den Langhe und Roero stehen weltweit heute ganz vorn auf der Liste der großen Weine, sie genießen hohes Ansehen und werden gern getrunken - nicht von jedem, sondern nur von dem, der im Wein die gelungene Verbindung von Kultur und Genuss sieht.
Text ©Pietro Giovannini